Müssen Retros Spaß machen?
Eine der Aufgaben des Scrum Masters ist es, die Retros zu organisieren und zu planen. Begibt man sich für Inspiration nach Retro-Formaten auf die Suche im Internet, stößt man als erstes auf Dinge wie "Fun Retrospectives" oder "How to make my Retro fun". Aber ist dies wirklich der Kern der Retro? Müssen Retros unbedingt Spaß machen? Werden wir von solchen Formaten nicht sogar abgelenkt vom eigentlichen Sinn und Zweck der Retro?
Zusammen lachen, sich im Team kennen und vertrauen: Sicher ist dies die Basis für eine gute Retro und "Spaß"-Elemente in der Retro können definitiv beim Teambuilding helfen. Aber darüber hinaus muss das Format der Retro sehr genau gewählt werden; ist doch der eigentliche Kern der Retro, nach Verbesserung zu streben, genau zu analysieren was man besser machen kann, mit dem Ziel, ein hoch-performantes Team zu werden. Als Scrum Master darf man sich nicht dazu verleiten lassen, sich nur darauf zu konzentrieren, dass die Retro "Spaß" macht oder möglichst abwechslungsreich ist. Wichtiger ist es, sich in der Vorbereitung zu fragen, ob das gewählte Retro-Format die Probleme des Teams wirklich aufdeckt, kommen wir damit an die Wurzel der Probleme bzw. bietet das Format auch genug Raum, neue Dinge zu entdecken, für Diskussion und gute Ergebnisse? Auch sollte man sich fragen, ob das Format das Team vom eigentlichen Ziel der Retro ablenkt bzw. ob sich das Team eher darauf konzentrieren wird dem Format zu dienen, als die wichtigen Punkte herauszuarbeiten.
Was macht also eine gute Retro aus? Eine gute Retro ist ein Raum, der inspiriert und in dem Diskussionen entstehen, bei denen jeder offen sprechen kann und sich aktiv beteiligt. Aber auch ein hohes Maß an Selbstreflektion, Kreativität und ggf. sogar Innovation müssen gefördert werden, um die folgenden Fragestellungen bewerkstelligen zu können: Wo können wir uns verbessern, was machen wir schon richtig gut, was für Ideen für Experimente haben wir, also was könnten wir als Team als nächstes ausprobieren, um zu sehen, ob es uns besser oder schneller macht und wie können wir unseren Erfolg messbar machen bzw. monitoren. Manchmal bietet es sich auch an, gar kein festes Format zu wählen, sondern das Team "einfach mal" diskutieren zu lassen. Das Ziel der Retro sollte aber immer allen klar sein: Der Vision "ein hoch-performantes Team zu werden" einen Schritt näher zu kommen. Natürlich gehören zu einer guten Retro auch eine gewisse Lockerheit und natürlich darf bei dieser Entdeckungs-/Forschungsreise auch gelacht werden.
Was das Team für eine gute Retro mitbringen sollte (denn die Retro ist ja keine Entertainment-Show des Scrum Masters) ist sicherlich Neugierde auf das, was man während der Retro aufdeckt, also einen gewissen "Forscher und Entdecker"-Drang, aber auch die intrinsische Motivation etwas verbessern zu wollen und Dinge nicht als gegeben anzusehen.
Müssen Retros also Spaß machen? Letztendlich ist doch das, was an Retros Spaß machen soll (unabhängig davon, welches Retro-Format gewählt wird), nicht der Unterhaltungswert der Retro, sondern den eigenen Erfolg, die stetige Verbesserung zu sehen, bei der Erfindung neuer Experimente der Kreativität keine Grenzen zu setzen, zu merken, dass man als Team gut zusammen funktioniert und schlussendlich dann auch zum besten Team der Geschichte zu werden.